Rom den .
Geehrtester Herr von Schelling
Lange schon stehe ich im Begriff, Ihnen zu schreiben, und mit eingetauchter Feder stehe und sinne ich, und kann vor Fülle der Gegenstände das Wort nicht finden. – Vorerst habe ich Ihnen für ihren Brief und Aufsatz über die Samothracischen Gottheiten innigst zu danken; Ich bewunderte darin ihren Scharfsinn, und allumfassende Kenntnisse. Unwillkührlich stieg in mir der Gedanke auf, wie unschätzbar es für die Welt sein müste, von Ihnen ein Werk über die verschiedenen Miethen der frühern Völker in diesem Geiste bearbeiten, zu besitzen. Ich hoffe einst mündlich mich über diese Gegenstände unterhalten zu können; desswegen unterlasse ich es hier, da ohnehin dergleichen Mittheilungen nicht Raum in Briefen finden. –
Was sich diesen über, und dieß im Rom ereignete wird ihnen nicht unbekannt geblieben sein. Es war sehr merkwürdig solches mit anzusehn. Doktor Ringseisen hat sich dabey recht erbärmlich, wie ein Wahnsinniger betragen. Es war, wie ich glaube gut für ihn, daß er noch vor der grosen Hitze aus Italien weggekommen ist; ich fürchtete wirklich sehr für ihn. Von der einen Seite zeigte er sich als ein wahrer Hanswurst, und mochte das dümmste, drolligste Zeug, von der andern Seite war er der wüthendste Religionsschwärmer, der mir je in meinem Leben vorgekommen ist. Er sprach am Tische und in öffentlichen Gesellschaften von nichts, als von Schwert und Blutvergiesen, womit er die heilige Religion zu reinigen gedachte, und andern dergleichen Tollheiten mehr. Bester Herr von Schelling, es ging ihnen manchesmal so wunderlich zu, daß ich mich in dieser Verwirrung beynahe selbst nicht mehr erkannte. ich hielt mich desswegen so zurükgezogen als möglich. – Die Sekte der sogenannten Nazarener, oder die affektirte AltDeutsche, frömmelnde Künstlerschaft fand an dem Doctor nun grade ihren Mann, so wie sie ihn zu ihren Zweken brauchten, besser hätten sie ihn wenigstens nicht finden können. Der Doktor spielte den Ortodoxen Katoliken so stark und übertrieben als nur immer möglich Er ging alle Sontage zum Hl. Abendmahl, hörte alle Sonntage eine oder zwey Messen auf den Ruinen: In seinem Zimmer fand man nichts als die trivialsten Gebethbücher, Bekehrungsbücher, den Thomas von Kempten etc. Dadurch gewann er sogleich das volle Zutrauen dieser Sekte, sie erwählten ihn zu ihrem Werkzeug, um durch ihn auf den Kronprinzen zu wirken. Niebuhr der sich der Nazarener von jeher auf das eifrigste Annahm, vielleicht dabey andere geheime Absichten haben mag, leitete die ganze Sache, hielt sich aber immer etwas in der Ferne. Die Frau von Humbold spielte dabey auch ihre Rolle, bey ihr war eigentlich der Versammlungs Ort. Ringseisen betrieb die Sache mit dem Grösten Eifer; Er hatte nemlich den Kronprinzen für das Interesse dieser Sekte zu bearbeiten, am Abend wurde Bericht erstattet, – für den folgenden Tag die Rollen ausgetheilt. Alle Abende wusten diese Herrn alles, was an der Tafel des Kronprinzen gesprochen oder verhandelt worden. – Das erste was man vornahm, oder vornehmen muste, um zum Zwek zu gelangen, war, den Kronprinzen von seiner Neigung zu plastischen Kunstwerken abzuziehen, und für die neuere Malerey empfänglicher zu machen. Der zweite Schritt, den Grundsaz geltend zu machen, daß die Kunst vorzüglich nur in der Religion bestehen könne, Aus diesem wurde als Schlussfolge der dritte Grundsaz gezogen, nemlich, Wer keine Religion besize (oder kein Heuchler sey wie sie) der könne auch kein guter Künstler sein. Durch diesen boshaften Kunstgriff suchten sie alle Menschen, die nicht ihrer Sekte sind, in Miskredit zu setzen, und zu entfernen. Da nun diese Sekte durch die eifrige Mitwirkung des Doktor Ringseisen einen solchen engen Kreis um den Kronprinzen gezogen, und alle Personen, die nicht so denken, wie sie, entfernt hatten, so war für sie das Spiel gewonnen, – alles was sich nachher ergab, ist als Folge diese Manövers zu betrachten. Ihr Plan ist eigentlich der, alles zu stürzen, was nicht ihre Sekte ist, und sich selbst an die Plätze des gestürzten zu stellen. Diese ganze Sekte predigt auf eifrigste gegen alle Akademien, Cornelius war mitunter einer der hitzigsten Kämpfer; Nun ist der Cornelius der erste von ihnen, der eine Direktor Stelle in Düsseldorf angenohmen hat. Es ist der leidige Hunger, der aus diesen Menschen herausscheint, man mache sie zu Direktoren und Professoren, so werden sie das Gegentheil predigen. – Wie es mit den beiden Herrn Langers ferner gehen wird, weiß ich nicht. Man hat auf alle mögliche Weise ihren Kredit zu untergraben gesucht, O tempora o mores. – Dieß ist nun die Religion dieser elenden Menschen; Ihre Christliche Liebe besteht blos darin, ihrem Nächsten den Hals zu brechen, und sich auf seinen Posten zu stellen. – Doch genug von diesen ekelhaften Geschichten; Ich habe Sie, Lieber Herr von Schelling schon zu lange damit unterhalten. Unterdessen mag es dazu dienen, Sie von allem in Kenntniß zu setzen, um sich nöthigen Falls darnach verhalten zu können. Doch bitte ich Sie, von dem hier gesagten keinen weiteren Gebrauch zu machen.
Das Eleusische Fest, von mir gezeichnet und von Ruscheweih gestochen habe ich an Herrn von Cotta verkauft, um dieselbe Summe, welche ich früher verlangte, nur mit dem Unterschied, daß er mir für einen Theil der Zahlung erlaubte eine gewisse Anzahl von Abdrüken auf meine Rechnung davon machen zu dürfen. Ich wollte die Kupferplatten durch den K˖[öniglichen] Kabinets Kourier an Sie nach München schiken, damit sie durch irgend eine Gelegenheit von München nach Stuttgard könnte befördert werden. Allein der Kourier wollte sie ihrer Schwere wegen nicht mitnehmen. Ich versuchte es gleichfalls bey der Dienerschaft des Kronprinzen, aber auch diese konnte es aus gleichen Ursachen nicht mitnehmen; Es wird nun kein anderes Mittel sein, als es auf die Fracht hinauszuschiken. Ich werde den Herrn von Cotta besonders hierüber schreiben, wie er es damit will gehalten haben. –
Bester Herr von Schelling Haben Sie denn ihr bey Thorwaldson bestelltes Monument erhalten oder nicht; Sollten sie es noch nicht erhalten haben so suchen Sie die Sache bey Thorwaldson zu betreiben, sonst kann es noch viele Jahre anstehen, ehe sie solches bekommen; Denn er ist äußerst saumselig in seinen Arbeiten. Niemand kann etwas von ihm vollendet bekommen. S˖[eine] K˖[önigliche] Hoheit der Kronprinz ist in derselben Lage. –
Die Aeginetischen Figuren sind nun alle ergänzt, nun bearbeitet man noch an den Greifen, und an der Aufstellung der übrigen Bruchstüke. Ich bin herzlich froh, daß nun die Sache so weit gediehen ist; Was die Berichtigung jener Schrift über die Aeginetischen Figuren betrifft, so habe ich solche grostentheils in Ordnung gebracht Ich werde nun in den übrigen Stunden auch meine Ansichten über die frühere Griechische Kunst aufsetzen, und Als Anhang dem übrigen beygesellen, und sodann bey Gelegenheit Ihnen zur Beurtheilung überschiken.
Ich bitte Sie, Lieber Herr von Schelling, mir nun auch einmal wieder in ein paar Zeilen, Nachrichten von Ihnen, Ihren Arbeiten, und den übrigen politischen Verhältnissen der Münchner Welt zu geben.
Wie immer
Ihr
treu-gehorsamster
Giovanni Fu[rioso] M. Wg.