Schelling

Schelling Nachlass-Edition


An Sr. Hochwohlgebohrn

Herrn geheimen Hofrath von Schelling Philos˖[ophiae] et Med˖[icinae] Dr., Ritter des Civil-Verdienst-Ordens der bayerischen Krone, General-Conservator der wissenschaftlichen Sammlungen des Staates, z. Vorstand der k˖[öniglichen] Akademie der Wissenschaften, und öffentlicher ord˖[entlicher] Prof. an der Ludwig-Maximilians Universität in München

in

Carlsbad

fr[an]co

No. 5.

No. 6.

Liebster, Bester!

Zu unser aller großen Freude sind wir am über Deiner glücklichen Ankunft in Carlsb˖[ad] und heute endlich auch über Dein gutes Befinden überhaupt beruhigt. Gott gebe daß ferner alles gut geht, und Du recht gesund und heiter zu uns zurükkehrst. Ein Glück ist es auf jeden Fall daß ich Dich nicht begleitete, ich wäre Dir nur zur Last gewesen; denn seit hat mich erst mein Übel verlassen und obgleich ich beständig im Bette zubrachte, war es ärger wie je, so daß ich noch beständig auf den Sopha zubringe, so matt fühle ich mich noch. So bald ich nur ein klein wenig mehr Kräfte spüre, will ich das Schwalbacher Wasser anfangen.

Drum nimm heute nur mit wenig Worten vorlieb, nächsten Posttag werde ich auf alles gehörig antworten. Die Kinder sind alle frisch und lustig, besonders ist der kleine Herrmann artiger wie je und spricht unaufhörlich von seinem lieben Papa. An Fritz habe ich natürlich eine große Freude, es ist ein herrlicher Junge, immer noch so kindlich und treuherzig wie sonst, auch bildet er sich gar nichts auf das gut ausgefallne Resultat des Examen ein, über das er selbst gleichsam verwundert war, nur ist er äußerst vergnügt darüber. Ich glaube in Deinen Sinn zu handeln, daß ich ihn zur Belohnung seines Fleißes das Vergnügen mache reiten zu lernen, zumal da ich ihm bey dem verdrießlichen Wetter, und meiner Gesundheit wenig Spas in der Vacanz machen kann; er ist aber immer äußerst guter Dinge.

An Goethe hatte ich gleich den nach Deiner Ankunft geschrieben.

Der dumme Artikel in der all˖[gemeinen] Z˖[eitung] schien nach meiner Ansicht kein Plagiat, wohl aber eine schief angebrachte Huldigung Deines glücklichen Gedankens zu seyn. Dem albernen Aufsatz sind noch viele alberne gefolgt, alle von selben Verfasser, den gewiß Niemand erkannt hat.

In der Nachbarschaft ist statt des erwarteten Prinzen Eugen, ein Fräulein vorige Nacht glücklich angekommen, dem zu wünschen ist, das es die Züge der Mutter und die Seele des Vaters besitzt.

Das Zusammentreffen mit Hegel hat mich sehr amüsirt, von seiner Seite war es vielleicht nicht zufällig; er scheint jetzt alles aufzubieten in ein freundschaftliches Verhältniß mit Dir zu kommen. Dabey fällt mir ein daß Herr von Tuttscheff das 13te Heft von CousinCours de Philosophie – geschickt, und sich die frühern gelegentlich zurück erbethen. Nun habe ich zwar diese auf Deiner Étagère gefunden; aber bey 12 Nummern fehlt die 9te da ich nun nicht weiß, ob Du diese neunte wirklich nicht erhalten, behielte ich das ganze lieber noch zurück.

Wenn Du durch Schwabe etwas von der Aimablen erfahren, so theile es hübsch mit; vielleicht hättest Du in C˖[arlsbad] Gelegenheit ihr ein Briefchen zu kommen zu lassen. Die Grosfürstin nebst der Hofdame werden gewiß Dein Verfehlen sehr bedauern.

Lebe nun wohl, lieber, theurer Freund! ich denke Tag und Nacht an Dich, wirklich bin ich noch jede Nacht bisher so glücklich gewesen von Dir zu träumen. Der liebe Gott schütze Dich und stärke Deine Gesundheit, ich kann Dir gar nicht beschreiben wie wir alle so froh sind daß es Dir bisher so gut ging. Die Kinderchen stürzen alle herbey wenn ein Brief gebracht wird; aber immer verwundert sich der Herr Rothkopf wie ich diese Schrift lesen könne, ihm für seine Person wäre es unmöglich, wenn ich ihm dann versichere – der Papa würde seine Buchstaben vielleicht so wenig heraus bringen – so macht er sein bekanntes haemisches Gesichtchen. Adieu Liebster! Vergieß nicht Deine treue

P.