Schelling

Schelling Nachlass-Edition


No. 2.

Wie freue ich mich mein Geliebter! über das herrliche köstliche Wetter womit der Himmel Deine Reise begünstigt, es soll mir eine gute Vorbedeutung seyn, daß alles Deinen Wünschen entsprechen wird, und weiß ich Dich nur erst recht froh und vergnügt so darfst Du sicher drauf zählen daß ich es auch bin. Die Kinder sind recht wohl und vergnügt. Den Morgen nach dem ich Deine Pappiere aufgeräumt und alles sorgfältig verschloßen hatte, bin ich mit ihnen und der Amme in Hofgarten gegangen, die schöne Sonne, die aufbrechende Knospen die Soldaten und vor allen die Musik hat bey Paul die Freude zum Entzücken gesteigert, das er auf seine liebliche Weise aufs manichfaltigste ausdrückte. Ich ging einen Augenblick zu Fanny die ich zu Bett fand, und kehrt erst um 1 Uhr mit meinen Kindern zu Haus wo ein frugales Mittagsmahl uns nach der gehabten Motion recht wohl schmeckte. Nach Tisch schickte ich die Fegelchen in Wagen wieder mit der Amme und Luise hinunter. Bis dahin hatte Paul noch nicht sehr nach Dir verlangt; aber nun wiederhohlt er beständig »Papa komm Papa komm« und nur allerley Erzählungen von Deiner heutigen Reise und späterhin die Milchsuppe konnten sein Verlangen nach den Papa und nach den Anaböda die er für Palle hätte verscheuchen. Jetzt schläft das gute Kind, und ich will Dir nun auch Du allerliebster und allergeliebtester Freund die zärtlichste gute Nacht sagen, der Himmel gebe daß Du die Reise glücklich überstanden hast und nun auch sanft ruhest!

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Heute früh mein geliebtes Leben bin ich auf das süßeste erwagt, Luise brachte mir Deinen lieben theuren Brief aufs Bett. Wie danke ich Dir für Deine liebevollen Worte, sie haben mir Thränen der Freude und Rührung entlockt, und tausend mal habe ich das liebe Blatt geküßt, Paulchen das kleine Äffchen wollte es mir gleich nachmachen, die Blümchen freuten ihn sehr, wie wohl ich sie ihn nur von Zeit zu Zeit ansehn liesse. Er wiederhohlt jetzt immer »Papa geschrieben herze die guten Kinder.« Überhaupt ist er sehr artig so liebevoll und gut als wenn er mir die Trennung von Dir vergeßen machen wollte, auch das Fritzle ist immer allerliebst, der Genuß der Luft bekommt ihn vortreflich, er schläft fast die ganze Nacht ohne Unterbrechung. früh badete ich die Kinder und weil die Luft etwas ging erhielte ich sie früh in Zimmer. Nach Tisch hohlte mich die Breyer ab um mit ihr und ihren Kindern spazieren zu fahren. Den Paul nahm ich mit, und den Kleinen schickte ich mit der Amme und Luise aus. Wir tranken in Sendlingen den Kafe und fuhren dann in Hirschgarten wohin Breyer mit Herder zu Fuße kam, rükwärts wurden die Herren auch noch mit in Wagen gezwenkt. Das Vergnügen war sehr mäßig wenigstens für mich, mein Herz und meine Gedanken waren mehr in Wallersee, als in Hirschgarten. Paul hatte seine Lust wieder die Hirsche zu füttern. Den Abend brachte ich auch bey Breyers zu, versteht sich nach dem ich P˖[aul] zu Bette gebracht. Nach einen sehr frugalen Essen erschien auf einmal Punsch und Tarte und nun offenbarte es sich, daß es die Geburtstagsfeyer von der Breyer war. Heute geht der Wind wieder ziemlich stark und ich habe die Kinder nur in die Sonne vors Haus geschickt wo sie geschützt sind.

Ich hatte fest drauf gerechnet diesen Brief und die Zeitungen heute abgehn zu lassen nun werde ich gewahr daß die Post vor nicht geht es ängstet mich unbeschreiblich liebster Freund! und ich werde versuchen über Murnau Dir einige Worte zu senden. Schreibe mir nur auch bald wieder liebes Leben! denn bis ich Dich gut und angenehm eingerichtet weiß, werde ich nicht ganz ruhig, besonders geht mir das feuchte Zimmer in Kopf herum; mache es nur nicht etwa zu Deinem Schlafzimmer, denn Du hast mir oft gesacht daß Dir die Feuchtigkeit in Garten Thal so schädlich gewesen wäre. Eins tröstet mich über Deine Abwesenheit – das Du hier auf keinen Fall ruhig hättest arbeiten können, denn das Tummeln bey der Caserne ist jetzt ärger als je, mein armes Fritzle weckt es oft auf, Paul freut sich aber darüber.

Eben bin ich unterbrochen worden durch Lichtenthaler der sich als Bibliothekär hat ansagen lassen. Er empfiehlt sich bestens und hätte sehr gewünscht dich selbst sprechen zu können. Über die Versetzung nach Würzburg hat er erschreklich geschimpft. Das Niethammerische Brautpaar war heute auch hier, die Braut hat nicht an Schönheit gewonnen, der Bräutigam versteht sich noch weniger

Den Kutscher habe ich richtig bezahlt, er brachte mir auch den silbern Becher der in Wagen geblieben ist, ich melde es Dir, damit Du Dich nicht ängstet wenn Du ihn vermissen solltest. Ich habe ihn noch nach jeden Umstand Deiner Reise ausgefragt und mußte sehr lachen wie er mir versicherte »O wir haben uns sehr gut mit einander unter halten!«

Nun Adieu Du lieber, süßer, bester Freund, ich verlasse Dich um zu Deinen Ebenbilderchen zu gehn. Paul verlangt ich solle den Papa schreiben daß er Bisquit schicken möchte.