Schelling

Schelling Nachlass-Edition


An Herrn Director

von Schelling

in

München

Liebster Bruder!

Wir sind Abend glücklich und wohlbehalten um 7 Uhr hier wieder angekommen, was ich Dir gleich geschrieben haben würde, wenn ich nicht gantz außerordentlich mit Geschäften überhäuft gewesen wäre. Am sind wir von Nürnberg bis Würzburg gekommen, und in lezterem Ort zwischen 6–7 Uhr eingetroffen. Klärchen hat fast diesen gantzen Tag verschlafen, was von 7 einer leichten Fieberhitze, welche ich an ihr bemerckte herrühren mochte. Eine Stunde nach unserer Ankunft in Würzb˖[urg] brach ein ziemlich heftiges Gewitter aus, und als dieses vorüber war, wurde das Kind auch wieder gantz munter, und schlief vor 10 Uhr trotz aller Bemühungen meiner Frau nicht ein. Nach Mitternacht wachte es wieder auf, hustete ziemlich viel, und bekam aufs Neue Hitze. Wir hatten zufälligerweise Weinsteinküchlein bei uns, von welchen ich nun der Kleinen eine Limonade zubereitete, durch welche sich ihre Hitze binnen weniger Stunden verlor, so daß sie dann bis gegen 9 Uhr Morgens nur mit einigen Unterbrechungen durch Husten schlief. Den andern blieben wir bis 4 Uhr in Würzb˖[urg], und fuhren dann noch 1 Station nach Bischofsheim, wo wir übernachteten. Diesen Tag und die folg˖[enden] blieb Klärchen immer munter, hatte guten Appetit, nur wurde sie bei Tag und Nacht häufig von ihrem Husten geplagt, der mir etwas Krampfartiges an sich hat, indem sie sich mitunter bei demselben erbricht, und sich dabei ziemlich aufziehen muß. Durch ihr artiges Benehmen hat sie uns allen ungemein viele Freude auf der Reise und hier gemacht, und es thut mir nur leid, daß der Husten bis jezt noch nicht gewichen ist. Doch hoffe ich, solle sich derselbe nach und nach geben. Von Bischofsheim reisten wir den folg˖[enden] bis Öhringen, wo wir übernachteten, und den andern bis 3 Uhr Nachmittags blieben, sodann noch nach Heilbronn fuhren, und Abends 6 Uhr ankamen. Dort blieben wir bis den andern Tag um 10 Uhr, und kamen dann bei guter Zeit hier an. Auf der Reise haben wir das Kind sorgfältigst in Acht genommen, sie weder der Morgen- noch der Abendluft ausgesezt, und im Fahren vor der Sonne und dem Wind sorgfältig bewahrt. Wir haben ihr auch bis jezt eine gantz reguläre Diät gehalten, und werden dieß auch fortan thun. Sie hat guten regelm[ä]ß[i]gen Appetit, guten Schlaf, keine Spur von Fieber, nur der Husten ist noch nicht weg. Wir sind Dir und Deiner lieben Frau eben sehr verbunden, daß ihr uns dieses gute Kind anvertraut habt, und werden Allem aufbieten, daßelbe in jeder Hinsicht gut zu besorgen. Auf der Reise und hier bei Tag und Nacht kommt es nicht von meiner Frau Seite, und macht dieser die angenehmste Beschäftigung und Erheiterung. – Ich hoffe ihr werdet doch auch gut in M[ünche]n eingetroffen, und durch die KutschersZunft in Würzb˖[urg] nicht zu lange aufgehalten worden seyn. Ich freue mich noch immer der vergnügten Stunden, die wir mit Euch daselbst zugebracht haben. hat der Herr JustizRath mit uns zu Mittag gespeist, er wird heute nach Heidelberg abgegangen seyn. In Öhringen und einigen benachbarten Dörfern habe ich 6 AugenOperationen gemacht, was uns so lange in Öhringen hingehalten hat. Nun muß ich schließen.

Lebt recht wohl und gesund, und gebt uns bald gute Nachrichten.
Dein
tr˖[euer] Bruder

K.