Schelling

Schelling Nachlass-Edition


An Herrn Director

Schelling

in

München.

Liebster Bruder!

Theils verschiedene sehr dringende Geschäfte, theils die Hoffnung Deiner lieben Frau zur Erquickung eine Lade voll recht guter Trauben zuschicken zu können, was sonst kein schädlicher Genuß für Wöchnerinnen ist, hielten mich ab, Dir früher zu schreiben. Die Geschäfte sind nun so ziemlich beseitigt, aber trotz aller angewandten Mühe haben wir bis jezt noch keine Trauben erhalten können, welche sich zum Transport nach München, und für eine so gute Frau, wie die liebe Schwägerin ist, qualificirten. Sobald es süßere giebt, so sollen welche nachfolgen; die sehr abwechselnde Witterung macht, daß es mit dem Reifen derselben sehr langsam geht. – Da ich im Sinne hatte, Dir heute zu schreiben, so gieng ich diesen Morgen in die Cottasche Buchhandlung, um zu fragen, ob Dir nichts mitzutheilen wäre? Sie sagten mir, daß sie eben einen Brief von Dir erhalten, und ihn sogleich nach Tübingen abgeschickt hätten. Cotta war nicht selbst da, aber der erste Commis versicherte mir, daß zu der Druck der Schrift gantz vollendet seyn, und die Sache zur rechten Zeit in München eintreffen werden.

Wir haben uns lange besonnen, Deinem kleinen Söhnl˖[ein] ein kleines Andencken zu übersenden, konnten aber in der Wahl des Gegenstandes nicht einig werden. Ich lege daher diesem Brief nur etwas Weniges bei, mit der Bitte, ihm in unserem Namen etwas jezt oder späterhin anzuschaffen. Wie gerne wollte ich ihm andere Beweiße von Liebe geben, wenn wir nicht so weit von einander getrennt wären!

Nun leb recht wohl und gesund, und empfiehl uns Deiner lieben Frau bestens. Den kleinen Paul, der uns noch in der Erinnerung oft erfreut, grüßen und küßen wir herzlichst.
Dein
tr˖[euer] Br˖[uder]

Karl.