Dresden den
Nichts, mein verehrter Freund, konnte mir erfreulicher sein, als bei meiner Wiederankunft hieselbst von Carlsbad Ihr werthes Schreiben vom vorzufinden. Haben Sie meinen Dank für Ihre gütigen Bemühungen wegen der Schrift über das Preßgesetz. Ich erfahre jetzt erst, daß sie zum Druck gelangt ist, und kann Ihnen kaum bergen, daß sich einige Besorgniße regen, ob sie deßen auch wohl werth sei. Aus diesem Grunde bin ich einigermaßen begierig, das Werk wieder vor Augen zu erhalten, und es mehr als eine fremde Arbeit aufzunehmen, denn als eine eigene. Es war auch mein Wunsch gewesen, daß es überhaupt ungedruckt bleibe, wenn Ihnen nicht wenigstens von einer oder einigen Seiten her sich ein Grund darbieten sollte, der die Bekantmachung rechtfertigte. Dies bleibt mir eine Art von Trost. Die Exemplare welche sich bei Ihnen befinden, bitte ich Sie, mir hieher zu senden, denn einstweilen wird wohl Dresden mein stetigster Aufenthalt bleiben. In Carlsbad befand ich mich noch nicht im Besitz der Exemplare von Carl dem Kühnen. Hier erst habe ich sie gefunden, und bin so frei, Ihnen einen Abdruck zu übersenden. Mit dem größten Danke erfüllt mich die Aufmerksamkeit, die Sie meinen Bemühungen schenken. Es ist eigen in unsern Tagen. Je mehr Seichtigkeit und Flachheit, die sich jedesmal Unklarheit und Verworrenheit zur Seite stellt, desto reger scheint das Verlangen nach der Tiefe doch zu werden. Es ist, als ob der Anlaß, der es erweckt, mangeln müße, wenn alles, was im Einzelnen zur Erscheinung kömmt, sich erschöpfter und klarer darstellt. Je mehr aber sich im Einzelnen die Prinzipien mischen und Afterbildungen sich in den Gedanken und Werken der Menschen abspiegeln, um so mehr scheint der, der in ihnen nicht mit untergehen und verwesen will, eine neue Richtung abweichender Art ergreifen zu müßen. Das Charakterlose verliert die erquickende Wirkung welche das Wahrhaft Lebendige auf uns ausübt, und reitzt, wenn es von dieser Seite uns schaal geworden, daß nur dadurch, daß es uns als eine Verwicklung und Verstrickung erscheint, in welcher Wahres, Halbwahres und Falsches endlos verschlungen durch einander liegt. Und so müßen, sonderbar genug, der geringe Genuß, den die
Leben Sie recht wohl und erhalten Sie sich eine Gesundheit, die uns Allen viel Gutes bringen muß. Ihrer Frau Gemalin bitte ich mich auf das hochachtungsvollste zu empfehlen. Ganz der
Ihrige
W. v. Schütz