Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Herrn

Hofmedicus Dr. Schelling

in

Stuttgart

frey

Liebster Karl!

Zu unserer großen Betrübniß erfuhren wir zuerst aus der schwäbischen Zeitung den unseres guten Groß. So wenig Hoffnung uns Deine Berichte und die Erzählungen unsrer lieben Mutter ließen, hofften wir doch immer noch, es solle Deiner Kunst gelingen, ihm das Leben zu fristen. Nun, Gott hat es nicht gewollt, und ihm ist wohl.

Ich bitte Dich, unserer lieben Schwester meinen und meiner Frau innigste Theilnahme zu bezeugen. Es möchte ihr nur schmerzlich seyn, wenn ich ihr jetzt schriebe, ich werd’ es aber in einigen Wochen thun. Ohnedieß werdet Ihr, die ihr in der Nähe seyd, alles verwenden sie zu trösten. Dir danke ich inzwischen sehr für die beruhigende Auskunft, die Du mir über die künftigen Verhältnisse und Ressourcen unserer Schwester gegeben. Wollte Gott, ich wär’ auch im Stand, etwas für die Söhne zu thun: so muß ich mich mit dem Willen begnügen.

Deine Ansicht, die dortigen Verhältnisse betreffend, finde ich vollkommen die rechte; ich werde mich ganz nach Deinem Rath richten. Über die große Veränderung, die sich bey uns zugetragen, wirst Du Dich auch verwundert haben. Sie erfolgte sehr schnell, plötzlich; wie viele Menschen finden etwas übereilt und darum auch in der Art nicht ganz schicklich Was sie für Folgen haben werde – überhaupt und auch für mich – muß die Zeit lehren. Traurig ist für den nichts als Stille Suchenden dieser Wechsel, diese Unsicherheit aller Verhältnisse. Der vorige Minister hat seine Würde und Kaltblütigkeit auch bey dieser Gelegenheit nicht verläugnet.

Nochmals bitte ich Dich, unsre liebe Schwester freundlichst von uns zu grüßen; tröste sie auch für mich, so wie unsre gute Mutter. Gott sey dank, daß beyde sich so aufrecht erhalten.
Lebe wohl und gedenk’ meiner

S

N.S.

die gute Mutter hat mich wieder recht beschämt, indem sie mir zu meinem ein Geschenk geschickt. Ich bitte Dich, ihr einstweilen in meinem Namen zu danken, bis ich es selbst thun kann.