Liebster Bruder!
Ich will Dir nur gleich wieder schreiben, damit wir beyde nicht so gar aus der Gewohnheit kommen. Es ist mir nicht eingefallen, von irgend Jemanden in Stuttg˖[art] ein Schreiben für meine Abh˖[andlung] zu erwarten, an den ich nicht selbst geschrieben hatte; am wenigsten von dem Herrn Minister oder dem Herrn Onkel. Dagegen habe ich z.B. an Georgii auch geschrieben und bis jetzt keine Antwort erhalten. Ich kann mir aber leicht denken, daß und wie er in diesem Augenblick absorbirt ist. Wenn meine Abh˖[andlung] in Stuttgart Kennern gefallen, so freut es mich; im Auslande scheint sie überhaupt viele Sensation zu machen, wie ich nach Briefen von Creuzer u.a. schließe. Hier gibt es Wenige, die für Etwas der Art Sinn haben, und die es noch Etwas verstehen, möchten gleich vor Neid vergehen. Deine schöne Hoffnung von guten Zeiten freut mich – für Dich, denn ich selbst kann sie nicht so ganz theilen. Es muß noch gar Vieles geschehen, eh’ einem nur halb wieder so wohl wird, wie . Doch muß man Gott für das danken, was geschehen. Vielleicht wird er die Zeit der Erschütterungen und Umwälzungen die noch bevorstehen abkürzen. Ich läugne nicht, daß ich bey diesen Aussichten mich sehne, unter Gleichgesinnteren und wohlwollenden Menschen zu seyn. Doch zu dem, was Du hoffest, sehe ich vorerst noch keinen Weg. Nur das hoffe ich, die längste Zeit hier gewesen zu seyn. Das Gute habe ich so ziemlich genossen und es bleibt mir nur das unangenehme Gefühl einer im Ganzen barbarischen Nation und einer – die das Meiste gute nur zufällig, ohne Urtheil, Unterscheidung und mit so viel Schlechtem versetzt zu Stande bringt, daß man sich an nichts und über Nichts wahrhaft freuen kann. Die liebe Mutter würde mich sehr verbinden, wenn sie mir Einmal beyläufig schriebe, wer für den Verfasser der Aufsätze in der Allg˖[emeinen] Zeitung gehalten wird, die bey den – Landständen soviel Sensation gemacht, ob Wangenheim oder wer sonst? Auch möchte ich von Cotta’s gegenwärtigem Verhältniß zu den Landständen etwas Näheres erfahren. –
Empfiehl uns beyden bestens Deiner lieben Frau und schreibe mir doch auch bisweilen ein Zeilchen!
Dein
tr˖[euer] Br˖[uder]
Fr.