Wohlgebohrner Herr,
Hochverehrter Herr und Freund!
Schon längst hätte ich Ihnen einen Entschluß wegen des Vorschlags in Bezug auf unsern Friz melden sollen. Aber ich gestehe gern, es hat einige Überwindung gekostet, diesen Entschluß zu fassen. Außerdem bin ich in meiner gegenwärtigen Lage so beschäftigt, daß ich leider für die Meinigen oft gar keine und immer nur wenige Zeit behalte. Ich bin nunmehr entschlossen, Fritzens Entlassung aus dem hiesigen Unterthanverhältniß nachzusuchen, nur bitte ich Sie inständig, mich vorher noch, wenn auch nur mit zwey Worten, über die 2 Puncte zu beruhigen:
1) sind Sie völlig gewiß, daß die Entlassung vorausgesetzt und beygebracht, es mit der dortigen Aufnahme (besonders als Staats-angehöriger) keine Schwierigkeit hat, und der arme Junge nicht Gefahr läuft, zwischen zwey Stühlen, wie man zu sagen pflegt, sich niederzusitzen.
2) hat Fritz fortwährend solche Fortschritte gemacht, daß man wenigstens hoffen darf, er werde von Seiten seiner Kenntnisse keine Schwierigkeit finden, in das Seminarium aufgenommen zu werden.
Sobald ich durch Ihre Güte über diese zwey Puncte völlige Beruhigung erhalten, werde ich augenblicklich die Entlassung beschleunigen, und Sie könnten, im Fall Sie selbst jener beyden Puncte sicher sind, auch vorläufig schon jetzt gleich das Stadtbürgerrecht in Nürtingen für ihn nehmen, da für dieses wohl die beygebrachte Entlassung nicht in gleichem Grade nothwendig ist.
Es bleibt mir grade nur noch Zeit, unsre herzlichsten Empfehlungen an Ihre verehrteste Frau Gemahlin und Ihr ganzes liebes Haus, so wie die Versichrung meiner dankbarsten Ergebenheit und innigsten Verehrung beyzufügen –
Ihr
gehorsamster
Schelling.