Durchlauchtigster Kronprinz!
Gnädigster Fürst und Herr!
Bericht der ehrfuchtsvoll unterzeichnenden Akademiker, die Sprachforschungen des OberLeutenant Andreas Schmeller betreffend.
Die Unterzeichneten, in Folge des gnädigsten Erlasses Euer Königlichen Hoheit vom durch die königliche Akademie der Wissenschaften beauftragt, Einsicht zu nehmen von den sprachlichen Arbeiten des Oberleutenant Andreas Schmeller, und halbjährigen Bericht darüber an Eure Königliche Hoheit abzustatten, suchen mit Gegenwärtigem hierin gehorsame Folge zu leisten.
Aus der Einsicht in das Verfahren und die Arbeiten des Ob˖[er]L[eutenant] Schmeller rücksichtlich des übernommenen bayrischen Sprachbuches hat sich ergeben:
Daß derselbe zuerst auf eine allgemeine Kenntniß der verschiedenen Quellen ausgegangen, woraus er den Stoff seiner Sammlungen zu schöpfen hat, und dann dieselben im Einzelnen zu benützen bemüht war.
Es können jener Quellen hauptsächlich drey angenommen werden: die mündliche Rede des Volkes; – das, was in den Büchern der eigenen Literatur des Landes enthalten ist; – die schon wirklich vorhandenen Aufsätze und einzelnen Sammlungen von bayrischen und angränzenden Mundarten.
Mit Hinsicht nun auf die mündliche Rede des Volkes hat der obgedachte Litteratur, um die verschiedenen Abweichungen der Sprechart in verschiedenen Punkten des Landes mit eigenem Ohr zu vernehmen, und sich mit letzteren in jeder Rücksicht vertrauter zu machen, dann auch durch persönliche Zusprache beobachtende Theilnehmer zu werben, zehn Wochen dazu verwendet, das bayrische Oberland von der Iller bis zur Salza in verschiedenen Richtungen zu durchwandern. Er ist durch mündliche und schriftliche Begrüssungen und Auffoderungen bemüht gewesen, ein Schöpfen aus der Hauptquelle, der mündlichen Rede, auf mehreren Punkten zu veranlassen. Mehrere verehrliche Männer haben aus reiner Wissenschaftsliebe förmliche Beyträge zugesagt; und von anderen Seiten sind schon wirkliche Einsendungen erfolgt. So finden wir unter letzteren die Namen des Prof. und Bibliothekar Siebenkees in Landshut, des Pfarrer Mayer von Buch, des Kommandantschaft-Auditor Obermayer in Passau, des Herrn Schmutzer in Haydenburg. Auch hat Ob˖[er]L˖[eutenant] Schmeller die königliche Akademie auf einige bey Privaten befindliche wichtige Beyträge aufmerksam gemacht, und um ihre Dazwischenkunft und Verwendung für Erhaltung derselben gebeten.
Weil aber die Beobachtung der eigenen Ausdrüke auch der kleinsten Gegend im Grunde eine längere und anhaltendere Aufmerksamkeit fodert, und daher jedes Bemühen eines einzelnen Beobachters um so unergiebiger wird, je weiter das Netz der Beobachtung gezogen werden soll; so hat derselbe, um vielfachere Theilnahme zu erregen, einen Aufsatz entworfen, in welchem er dem bayrischen Dialekt einige allgemeine Ansichten abzugewinnen, und seine Ideen über eine zweckmässige Orthographie derselben zu entwickeln suchte. Dieser Aufsatz sollte zugleich über die Einrichtung einer vollständigeren Sammlung bayrischer Spracheigenheiten nähere Aufschlüsse geben, und war bestimmt, bekannten Sprachfreunden als Einladung zur Mitarbeit zugefertigt zu werden. Nach seiner Vollendung aber glaubte der Verfasser bey noch anderen Gründen dafür, eine solche weitläufige Erörterung auch eher dazu geeignet, die Mehrzahl abzuschrecken, als anzureitzen, und verfaßte daher die beyliegende, mit einem Vorwort von anderer Hand in das zweyte Heft der Zeitschrift für Bayern eingerückte kurze Einladung in Form eines Briefes, dem er ein paar Anmerkungen beyfügte, die zusammen das Nothwendigste enthalten. Von dieser Einladung wurden noch besonders fünfhundert Abdrücke gemacht, und gehörig vertheilt. Als Solche, deren gütiger Theilnahme und freundschaftlichen Rath er in dieser Hinsicht Unterstützung und Auskunft verdankt, nennt Ob˖[er]L˖[eutenant] Schmeller die Redaktion der Zeitschrift für Bayern, und den könig[lichen] Studien-Rath Hobmann. Über jene Versendungen und die eingegangenen Erwiederungen führt derselbe ein Verzeichniß, welches uns zur Einsicht vorgelegt worden.
Mit Hinsicht auf die zweyte Quelle, die in den Büchern der eigenen Literatur des Landes enthalten ist, hat Ob˖[er]L˖[eutenant] Schmeller das hieher Gehörige in vier Klassen gebracht, und ein Verzeichniß darüber verfertigt, welches er ebenfalls vorgelegt hat. Diese Arbeit hat er sich hauptsächlich für den aufgespart, und auch darin, daß schon die in der königlichen Hofbibliothek befindliche Literatur die Kraft eines Einzelnen übermässig in Anspruch nehmen würde, noch die Beyhülfe lesender Sprachfreunde erbeten.
Mit Hinsicht endlich auf die dritte Quelle, die schon vorhandenen Aufsätze und einzelnen Sammlungen, so hat sich derselbe bemüht, Alles, was die Literatur in dieser Hinsicht aufzuweisen hat, besonders das in Zeitschriften Abgedruckte, ausfindig zu machen. Auch dieses für die Sache sehr wichtige Verzeichniß ist der Kommission vorgelegt worden. In der Benutzung dieser Quelle ist Ob˖[er]L˖[eutenant] Schmeller am Weitesten vorgeschritten.
Aus allem diesem geht hervor, daß Oberleutenant Schmeller sowohl durch Aufregung zu wetteifernden Sammeln der bayrischen Spracheigenheiten, als auch durch eigene Grundlegung und angefangene Bearbeitungen im Einzelnen der von ihm gehegten Erwartung vollkommen entsprochen, und sich Eurer Königlichen Hoheit besonderer Unterstützung würdig erzeigt hat.
Uns zur höchsten Huld und Gnade empfehlend
Eurer Königlichen Hoheit
unterthänigst gehorsamste
Schelling. Scherer.
München den .