Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Nach so langer Zeit wieder Nachricht von Ihnen zu erhalten, war mir äußerst angenehm.

Die Stelle unsres verewigten Gehlen ist noch immer nicht besetzt, sie zu ersetzen wird vielleicht unmöglich seyn. Unter den gegenwärtigen Umständen wird man sich wohl begnügen, einen vorzüglichen Techniker an die Stelle zu bringen, daß zwey Chemiker, wie es allerdings wohl seyn sollte, zugleich berufen werden, daran ist wohl nicht zu denken und so wird denn natürlicher Weise die Wissenschaft den Kürzeren ziehen. Nach Ihren bestimmten Erklärungen hierüber habe ich auch den ersten Gedanken völlig aufgegeben. Um so weniger aber den noch früheren; denn es wird alle Tage deutlicher, wie nöthig uns nebst dem geschickten Chemiker ein vorzüglicher Physiker ist, der ja ohnedieß auch berufsmäßig wissenschaftlicher Chemiker ist. Es wird gewiß noch Stunde und Augenblick kommen, da für dieses dringendste Bedürfniß etwas Wirksames gethan werden kann. Aber in der gegenwärtigen Ungewißheit der Zeiten und der Dinge läßt kaum ein Erfolg hoffen und besser als vergebliche sind in diesem Fall keine Versuche. Es ist leider durch die Zeitumstände jetzt eine solche Stockung in alle wissenschaftliche Angelegenheiten gekommen, daß durchaus die übrigens nicht ferne Krisis erwartet werden muß, um etwas wahrhaft Gutes zu erreichen.

Ich bitte Sie, mich und meine Frau Ihrer hochgeschätzten Familie angelegentlich zu empfehlen und der unwandelbaren reinsten Hochachtung versichert zu seyn, mit der ich verharre
Ihr
Ganz ergebenster

Schelling.