München .
Es hat mich erfreut, nach so langer Zeit von Ihnen, theuerster Freund, wieder zu hören. Ich kann mir denken, wie viele Geschäfte Ihre Zeit jetzt in Anspruch nehmen. Ich bin zufrieden, nur von Zeit zu Zeit ein Zeichen Ihres Andenkens zu erhalten. Aber Verdruß, so gerecht er seyn mag, sollten Sie sich ferne halten, und bedenken, daß auch spätere Zeiten noch Ihrer bedürfen werden. Das Rechte wird endlich doch geschehen, wie so Vieles gegen alle Meynung ja wider den Willen der Waltenden geschehen mußte. Noch muß allerdings Manches anders werden, eh’ es einem wieder so wohl wird, wie . Vielleicht aber geht die Zeit der noch übrigen Erschütterungen schnell vorüber; auch ich hoffe, nach der Verkümmerung der besten Lebensjahre durch zerstörende Ereignisse, auf einen heitern Nachmittag oder doch Abend, den ich im Kreise gleichgesinnter und wohldenkender Menschen zu verleben wünsche, denn nachgerade fühle ich die Einsamkeit, in der ich zu leben genöthigt bin. Das etwaige Gute ist genossen, es bleibt nichts als das unangenehme Gefühl einer im Ganzen barbarischen Gegenwart und einer R˖[egierung] die das Gute meist nur zufällig oder mit soviel Schlechtem versetzt zu Stande bringt, daß man sich an Nichts und über Nichts wahrhaft erfreuen kann. – Von den gedruckten Verhandlungen unserer L˖[and]St˖[ände] sieht man hier fast nichts; die Allg˖[emeine] Zeitung hat einen Vortrag von Ihnen angezeigt, hier ist er nicht zu bekommen; wollten Sie 1 Ex˖[emplar] für mich auf die reitende Post geben lassen, so würden Sie mich sehr verbinden.
Sollte die Handlung, welche die Rechnung bey der Akad˖[emie] der Wiss˖[enschaften] abgibt etwa Schwierigkeiten finden, d.h. chikanirt werden (ich glaube es nicht, doch wär’ es möglich), so wünsche ich, durch dieselbe davon benachrichtigt zu werden.
Nun noch zum Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin die herzlichsten Wünsche! Mögen Sie es unter den besten Zeichen beginnen und äußerlich und innerlich glücklichst durchleben! Mir selbst wünsche ich die Fortdauer Ihrer Freundschaft und bitte Sie von meiner Anhänglichkeit und Ergebenheit allstets versichert zu bleiben.
Schelling.