Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Al Signore

S[i]g[no]re Giovanni Mart˖[ino]

Wagner

Pittore pensionario d˖[i] S˖[ua] M˖[aiestà] il

Re di Bavièra, Membro dell’

Academia dei Monache ec.

Roma

al café greco

fr[an]co˖

Es fället mir mit Schrecken ein, daß ich letzten einen Brief an Sie abgehen lassen, der durch ein Misverständnis recommandirt worden, ohnerachtet ich von der Gaertnerschen Familie gehört hatte, daß dieses in Rom die Wirkung hat, daß der Brief auf dem Post-Bureau liegen bleibt. Ich schicke also für diesen Fall gegenwärtigen Avis-Brief hintendrein, um Ihnen zu sagen, daß ich Ihnen einen Brief geschrieben und daß Sie, wenn er Ihnen nicht gebracht worden seyn sollte, selbigen abholen lassen. Ich gab Ihnen vorläufige Nachricht von der nunmehrigen öffentlichen Erscheinung Ihres Berichts, welches ich nun dahin bestätige, daß bereits das Ganze im Druck ist. Verschiedenes Anderes, so ich von meiner Arbeit erwähnt, war nach meiner ersten, noch nicht völlig bestimmten, Ansicht geschrieben, die sich während der Ausarbeitung und des weiteren Forschens noch gar sehr verändert hat. Ich glaube über äginetische Kunst und ihr Verhältnis zur attischen einiges gefunden zu haben, das auch Ihnen nicht misfallen wird. Pausanias ist freylich so trocken wie ein Kieselstein, aber ich habe mich doch bemüht, ein Fünkchen heraus zu schlagen. Wegen des Widerspruchs zwischen den Köpfen pp und dem übrigen Körper habe ich damit geendigt, Ihnen vollkommen Recht zu geben. Was die schon erwähnte ägyptische Hypothese betrifft, so habe ich sie in Ihrem Text stehen lassen und derselben nur in einer Anmerkung die Deutung zu geben gesucht, welche unsrem deutschen Standpunct gemäß ist. Überhaupt habe ich am Ende gefunden, daß es am besten ist, in Ihrem Text durchaus nichts zu verändern, als mitunter einige Fehler gegen den Sprachgebrauch oder unnöthige Wiederholungen, oder nicht wohl gebaute Perioden. Selbst einiges, was mir offenbar Fehler schien, z.B. von einem Künstler Nikon aus Aegina, dergleichen es gar keinen gibt (es ist Onatas, Sohn von Mikon), habe ich stehen lassen, damit jedermann um so gewisser sehe, daß was in dem Aufsatz steht, alles Ihr reines Eigenthum ist. Sollten Sie aber wieder etwas der Art schreiben, so bitte ich nur mit den Citaten genauer zu seyn, diese waren nach Ihrer Angabe fast nie aufzufinden und haben mir viele Mühe gemacht. – Übrigens, um die Sache kurz zu sagen, so hoffe ich, Sie sollen mit mir ganz zufrieden seyn. Nur antworten Sie mir recht bald und behalten Sie mich lieb, wie ich Sie.

Ihr
g[an]z erg[eben]ster

Schg.

N.S.

Unser trefflicher Kronprinz ist, Gott sei Dank! wieder außer Gefahr. Sechs Tage lang’ hatte man Ursache für sein Leben zu fürchten.