Dienstag, den .
Ich schreibe Dir gleich heute wieder, denn, wie der Herr Posthalter behauptet, geht, des münchner Postbuchs ohnerachtet, die Post von hier nur einmal in der Woche nach München. Diesen Brief schreibe ich schon von meinem Palast aus, von dem Tisch, an dem ich ferner arbeiten werde. Mit der größten Bereitwilligkeit haben die guten Leute gleich Alles hergerichtet. Ich bin, was ich sonst vielleicht in meinem Leben nicht sein werde, Herr eines ganzen Hauses; verschließe ich die Hausthür, so ist Alles geschlossen. Ich beschreibe Dir einigermaßen Lage und Einrichtung. Par terre schlafe ich in einer Stube, die Morgensonne hat. Ueber dieser ist mein Studirzimmer, das zwei Fenster gegen Morgen und eines gegen Norden hat. Rechts von jenen steht mein großer Tisch, von dem ich den See sehe und höre. Um den Tisch so zu stellen, mußte ich eine Thüre cassiren, die von diesem Zimmer in ein andres führt, das ein Fenster gegen Morgen und eins gegen Mittag hat, aber etwas feucht ist, weil es unmittelbar auf den See geht. Wo der Ofen steht, ist die Mauer offen, und insofern ist doch für Luftcirculation gesorgt. –
Jetzt weißt Du, liebes Herz, ohngefähr meine Lage. Die helle Morgensonne hat doch in Etwas die Schwermuth zerstreut, die über der ganzen Gegend liegt. Es ist mir weniger unheimlich und ich glaube, ich werde mich wohl befinden, so weit ich dies kann in der Trennung von Dir und den Kindern . Noch 1–2 Tage und ich werde nicht mehr wissen, daß man anders wohnen kann. Ich befinde mich so wohl, daß ich hoffe, noch diesen Nachmittag meine Arbeit anzufangen. Sei also ganz beruhigt über mich. Ich thue mein Mögliches mich auch über Dich zu beruhigen. Freue Dich Deiner Kinder. Küsse und herze sie viel tausendmal von mir. Wir haben heute starken Nordostwind, der die Wellen an mein Häuslein wirft; es wird bei Euch nicht besser sein, und unser kleines liebliches Fritzchen wird wohl nicht viel aus dem Hause kommen. Doch ist der Wind gut, inwiefern er das schöne Wetter erhält. Noch muß ich Dir sagen, daß ich in der Einsamkeit von zwei neben mir wohnenden Gensdarmen bewacht bin, die sich auch schon erboten haben, Stiefel und Kleider rein zu machen; der eine kann auch mit der Feder umgehen und könnte ich ihm im Nothfall dictiren.
Für jetzt, Du liebste Pauline, schließe ich, um vielleicht heute Nachmittag noch ein Paar Zeilen anzufügen. Ich befehle Dich und Deine Kinder dem lieben Gott, das ist doch der einzige Trost, der mir bleibt. Ich höre nie auf, an Dich Engel und an die Engelchen zu denken. Grüße auch Louischen von mir. Ich habe mir schon ausgedacht, wie wir, wenn Du kommst, ein Paar Tage hier recht vergnüglich zubringen wollen. Im hohen , wenn die Kinder im unteren Zimmer wären und Du begnügtest Dich ebenfalls damit, könnten wir allesamt recht wohl da wohnen. Doch Schleedorf ist besser! Dir, denke ich, könnte es kaum zwei Tage hier gefallen, so lange bis Du eben den ganzen Eindruck erhalten.
Leb’ wohl, Du Allertheuerste, herzlich Geliebte!