Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Hochverehrter Freund und College!

Oft, oft haben wir, meine Auguste und ich noch der angenehmen Stunden dankbar gedacht, die wir bey Ihnen und Ihrer trefflichen Gemahlin zugebracht haben. Ich ärgere mich, daß ich, trotz meinem alten Theokritischen Lieblingsspruch ἁ πενια, ο Διοφαντε, μονα τας τεχνας εγειρε –, den Dienst des Πλουτος beneiden muß, der seinen Priestern die Mittel in die Hand giebt, solche hochmenschliche und edle Genüße, als ich bey Ihnen und noch einigemal auf m˖[einen] kleinen Ausflüge hatte, öfter und nach Belieben zu haben, anstatt daß ich mein Herz voll Freundschaft und Begierde nach Wiedersehn duldend und still und unbefriedigt in das steinige Grab tragen und niederlegen muß, das mir München darbietet. –

Hier die letztere akadem˖[ische] Rede. Wohl hat sich keiner, der an solcher Stelle in dem letzten Decennium sprach, die Sache so leicht gemacht, wie dieser Redner. Dafür hat er auch den Beyfall der Menge richtig geärndet. Das tägliche Zusammenseyn mit diesen hohlen und weibischen Anmaßungen fährt fort, mir und unserm Moll, der Sie herzlich grüßt, das Leben zu verbittern.

Noch bis auf den heutigen Tag keine Resolution auf unser akademisches Revisionsgeschäft! Ist das nicht zum Davonlaufen! Und so geht es Thiersch, Niethammer und Weiller mit den Schulreformen. Schöne, tröstende Worte, – ich solle den Muth nicht verlieren pp aber nichts weiter.

Ich gebe dem jungen Nau dieses Paket mit. Er sitzt hier und wartet darauf. Durch meinen Alfred, der in 14 Tagen mit Jul˖[ius] Hamberger kommen wird, mache ich mir die Freude, Ihnen wieder zu schreiben.

Heute nur noch herzliche Grüße von m˖[einer] Auguste und mir Ihnen und Ihrer verehrten Gattin.
Mit inniger Freundschaft und Ergebenheit
Ihr
eigenster

Schlichtegroll