Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Indem ich von Ihrem letzten Briefe, mein theuerster Freund, in Weimar Gebrauch machen wollte; meldete mir schon der Herr Minister von Voigt die gleichzeitige Ankunft Ihrer Zuschrift an ihn. Er war dadurch schon mit Ihren Ansichten und Wünschen bekannt worden; nur einige nähere Erläuterungen, und die Hinzufügung einiger Nebenpunkte, aus Ihrem Briefe an mich, blieben mir sonach übrig. Diese habe ich denn auch neulich hinzugefügt; aber meine Hoffnungen sind leider unerfüllt geblieben, da sie an der Hauptsache scheiterten.

Aller Wahrscheinlichkeit nach wäre es das letzte und größte Verdienst gewesen, das ich mir unmittelbar um Jena erwerben konnte, wenn Sie der Unsrige geworden wären. Um so angelegentlicher hätte ich gewünscht, daß Sie bey der philosophischen Professur und dem damit angebotenen Gehalt (ein so großes ist in Jena noch nie erboten worden) hätten stehen bleiben können. Wegen des Gehaltes habe ich mich schon in einem meiner früheren Briefe geäußert: ich zweifle keinen Augenblick, daß unser, wahrhaft liberaler Großherzog künftig, wo Veranlassungen nicht fehlen konnten, Ihnen noch andere Emolumente würde gewährt haben, wenn vielleicht auch beym ersten Eintritt auf die hier einmal bestehenden Verhältnisse einige Rücksicht genommen wurde. Was aber die Theologie anlangt, so würde ich Ihnen, wenn Sie mich gefragt hätten, aus Ursachen, die ebenfalls in den hiesigen Verhältnissen liegen und schriftlich sich nicht wohl detailliren lassen, nur haben rathen können, eine theologische Lehrstelle, ja nicht einmal die Erlaubniß, theologische Vorlesungen halten zu dürfen, ja sogar nicht für die Zukunft, zu verlangen. Ich würde Ihnen dieß auf Ihren letzten Brief sofort geantwortet, und anheim gegeben haben, ob Sie nicht die Bedingungen, ehe ich sie in Weimar vorlegte, modificieren wollten, wenn nicht, wie schon oben erwähnt, die Hauptbedingungen schon, gleichzeitig, in Weimar eingetroffen wären.

So war denn auch dieß nur ein schöner Traum, wie so mancher andere, was mich in dem letzten beschäftigte, mit Hoffnungen neu belebt, und zu neuem Muth gestärkt hatte! Vielleicht soll mir auch dieß ein Wink, ein δαιμὁνιὁν τι, seyn, daß meine Wirksamkeit für Jena nicht mehr Früchte trägt! Beyl˖[iegenden] Brief hat mir der Herr Minister von Voigt geschickt, um ihn, versehen mit der Addresse, die er nicht wußte, (und die auch ich vielleicht nicht recht weiß), an Sie zu übersenden. Statt der Addresse schrieb ich lieber diese flüchtigen Zeilen. Es ist mein inniger Wunsch, daß, da ein näherer Verein mit Ihnen, so sehr ich ihn hoffe, nicht hat gelingen wollen, unsere freundschaftlichen Verhältnisse wenigstens in der Entfernung fortdauern mögen.

Ich werde nie aufhören, mit herzlicher Verehrung und Freundschaft
Ihnen ergeben zu bleiben

Eichstädt