Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Herr Perthes in Hamburg hat die Gefälligkeit gehabt, Ew. Hochwohlgebohrn zu befragen, ob Sie wohl geneigt sein würden, theil an einer Zeitschrift zu nehmen, durch deren Herausgabe ich hoffe, einen langgewünschten Vereinigungspunkt für jedes Fach der Literatur zu Stande zu bringen. Wie er mir schreibt, sind Ew. Hochwohlgebohrn nur darüber zweifelhaft, ob auch Abhandlungen mit Citaten und vieler gelehrten Zuthat sich mit dem Zwecke dieser Zeitschrift vertragen. Hierauf habe ich die Ehre, Ew. Hochwohlgebohrn die bestimmte Versicherung zu geben, daß ich sogar auf solche Abhandlungen ganz vorzüglich gerechnet, die durch wissenschaftliche oder gelehrte Untersuchungen den Umfang unsrer Kenntnisse erweitern oder die vorhandnen berichtigen, ergänzen, tiefer begründen. Ich habe überhaupt nicht so sehr auf das gewöhnliche Journal-Publikum, als auf die gelehrte Welt gerechnet. Indem ich diese Zeitschrift den Gelehrten jedes Fachs öffne, denke ich, dass sie hinwiederum eine für jeden Gelehrten unentbehrliche Sammlung werden soll. – Meine Absicht geht auf etwas Nationelles; wir haben Akademieen der Wissenschaften, welche Denkschriften herausgeben, allein wir finden in ihnen selten oder gar nicht den Geist der Nation, sondern eher einen Lokal- oder sonst auf andere Art beschränkten Geist. Vielleicht wäre auch bey der Verfassung Deutschlands überhaupt diejenige Akademie die beste, welche nicht an Einem Orte beysammen, sondern ihre Mitglieder durch das ganze gemeinsame Vaterland zerstreut hätte. Eine solche, unsichtbare deutsche Akademie möchte ich durch jene Zeitschrift zusammen bringen, deren Abhandlungen als die Mémoires dieser Akademie gelten könnten. Unstreitig gibt es Männer, die zu einem solchen Zweck mehr Beruf haben als ich; lange habe ich eine solche Unternehmung erwartet, eh’ ich mich, durch die Musse, welche meine Lage mir gönt, dazu bewogen selbst zu deren Ausführung entschloss.

Ich fordre daher jetzt Ew. Hochwohlgebohrn auf und lade Sie selbst ein, an dieser Zeitschrift theil zu nehmen. Nichts, was von Ihrem Geiste herkommt, kann ihr fremd seyn. Namentlich würde die Untersuchung über die Geschichte der Scythen und Sarmaten, deren Sie gegen Herrn Perthes erwähnt, von besonderem Werthe für dieselbe seyn. Da die ersten Hefte binnen wenigen Monaten erscheinen, so ersuche ich Sie, diese Abhandlung, wenn Sie nicht eine andere Bestimmung für dieselbe vorziehen, baldmöglichst an den Verleger (Joh˖[ann] Leonhard Schrag in Nürnberg) zu übersenden.

Ich rechne zugleich auf eine geneigte Erklärung, in wie fern überhaupt und in welchem Umfange auf Ihre Theilnahme zu rechnen wäre? – Um Ew. Hochwohlgebohrn alles mitzutheilen, was Sie zu diesem Zwecke wissen müssen, so bemerke ich, dass die Zeitschrift in ganz unbestimmten Heften erscheint und Abhandlungen, auch von 12–18 Bogen ununterbrochen aufnehmen kann; dass Druck und Papier ausgezeichnet seyn; das Honorar für den gedruckten Bogen einstweilen in zwey Carolin’s bestehen, aber mit dem Steigen des Absatzes um 50 Ex˖[emplare] um 1/2 Carolin erhöht werden wird.

Indem ich hiermit einer gefälligen Erklärung bald möglichst entgegensehe, freue ich mich der Gelegenheit, Ihnen die hohe Achtung zu bezeugen, mit der mich Ihre geistreichen Werke vorlängst erfüllt haben und mit welchen ich die Ehre habe zu seyn
Ew. Hochwohlgebohrn
ergebenster Diener
Dir˖[ector] Schelling
General-Sekr˖[etär] der K˖[öniglichen] Akad˖[emie] der Künste.