Hochzuverehrender Herr Geheimer Rath!
Mit einer der letzten Gelegenheiten hat der Mahler, Martin Wagner, in Rom, das anliegende Werk überschickt, um es Ihnen zuzustellen. Er hat den Vortheil, Ihnen noch von der Weimarischen Kunst-Ausstellung her nicht unrühmlich bekannt zu seyn. Ihr Beyfall wird ihn mehr als jeder andre erfreuen und belohnen; er verdient diese Auszeichnung schon vielleicht wegen seines Beharrens auf dem rechten Wege, indeß ein großer Theil der deutschen Künstler in Rom, der es darum auch nicht an Anfeindungen und pfäffisch-tückischen Kniffen gegen diesen wackern Künstler fehlen läßt, gleichsam taumelnd geworden ist. Was also Ihr vielvermögendes Wort vermag, diesem Werke Anerkennung, Beyfall, Absatz unter dem deutschen Publicum zu verschaffen, möchte doppelt wohl angewendet seyn.
Ich erfreue mich dieser Gelegenheit, nach langer Zeit mich wieder in Ihr Andenken zurückzurufen und mich nach Ihrem Befinden, an dem ich stets den innigsten Theil nehme, bey Ihnen selbst zu erkunden.
Die Kunstwanderungen einiger tüchtiger hiesiger Künstler nach Sicilien haben mir kürzlich den besondern Vortheil verschafft, Ihre Beschreibungen der dortigen Gegenstände mit bildlichen Darstellungen vergleichen zu zu können und mich so zugleich der Anschauung dieser Gegenstände und der Unübertrefflichkeit Ihrer Darstellung zu erfreuen, die überall nur das Gehörige, das Nothwendige und Wesentliche, aber so, bezeichnet, daß die Beschreibung neben der sichtbaren Abbildung nichts verliert sondern nur gewinnt.
Nehmen Sie mit altgewohnter Güte die Versicherung von meiner fortdaurenden, nie aufhörenden innigsten Verehrung
Schelling.
München .