Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Eure Königliche Majestät

unmittelbar in einer so wichtigen als dringlichen Sache anzugehen halten die Treugehorsamstunterzeichneten sich durch die Pflicht des Dieners und Unterthans, nicht weniger durch das Vertrauen verbunden, mit welchem dieselben in jener Sache von Ew. Majestät geehrt wurden. Schon seit längerer Zeit haben die Bewegungen gegen den neuen Schulplan den beunruhigenden Charakter einer weitverbreiteten zusammenhängenden Intrike angenommen. Dass der Bürgermeister Ber, an der Spitze dieser Bewegungen in Würzburg, es wagen dürfte, jenen Plan Ew. Majestät als unausführbar und die Stimmen aller Sachverständigen gegen sich vereinigend in demselben Augenblicke darzustellen, wo an Ew. Majestät eine Danksagungsadresse aller unmittelbaren Sachverständigen von Würzburg, nämlich der sämmtlichen Professoren der Lehranstalt daselbst beym königlichen Ministerium des Innern eingegangen war, zeigt offenbar, dass jener Mann nicht nicht besorgte, durch offenkundige Unwahrheit das Vertrauen Ew. Majestät zu wagen, und in jedem Falle eines mächtigen Schutzes gewiss war. Von wo aus aber das Unternehmen geleitet wurde, in dieser Sache Ew. Majestät Urtheil und Person durch falsche Vorspielungen zu umgeben, konnte vom ersten Augenblicke an kaum zweifelhaft seyn, da der entschiedenste und heftigste Gegner der neuen Schulordnung in Brückenau durch sein amtlliches Verhältniss Ew. Majestät nahe gestellt war, und von dort aus auch die erste den kaum genehmigten Lehrplan bedrohende Entscheidung ausging, jene nämlich, welche die Maasregel desselben vorläufig unwirksam machte, nach welcher die Hebung der gesunkenen Schule auf die Hebung des Lehrstandes berechnet war.

Was aber früher nur als eine wenn auch begründete Vermuthung erschien, liegt nun als Gewissheit vor uns, nachdem seit wenigen Tagen, wie wir zufällig aver zuverlässig erfahren haben, derselbe Mann das Ministerium des Innern durch mündliches und wiederholtes Ansinnen zu bestimmen sucht, die Zurücknahme der an die Kreisregierungen erlassenen und die Einführung des neuen Schulplans betreffenden Provisorien zu verfügen und dadurch die Verwirrung der Schulen bis zur gänzllichen Rathlosigkeit zu treiben. Wir tragen deshalb kein Bedenken, Ew. Majestät Cabinetssecretär von Grandauer als denjenigen zu bezeichnen, der durch alle ihm zu Gebote stehenden Mittel und durch den Einfluss, den ihm seine Stellung gibt, bemüht ist, seine Ansichten gegen die neue Schulordnung geltend zu machen, nachdem dieses sein Vorhaben in der von Ew. Majestät zur Entwerfung ds Planes eingesetzten Commission an der Unbefangenheit, Einsicht und practischen Erfahrung der Mehrzahl ihrer Mitglieder gänzlich gescheitert war.

Wir beyde Treugehorsamstunterzeichnete sind durch unsere Ueberzeugung und durch unser gewiss Niemanden verdächtiges Bestreben um das Gedeihen der Schulen unter der Pflege Ew. Königlichen Majestät genöthigt gewesen, in jener Commission die von dem Cabinetssecretär Grandauer ausgegangen und ihm eigenen Anträge als das Werk eines auf einige häusliche Erfahrung beschränkten, im Ganzen aber in diesem Fache ganz und gar unerfahrenen und eben darum auf seinen Ansichten desto mehr versessenen und hochfahrenden Mannes auf das Nachdrücklichste zu bekämpfen. Es entging uns nicht, dass er, ebenso leidenschaftlich wie gränzenlos ehrgeizig, sofort uns selbst und unsere Gegenvorschläge mit einem recht gründlichen Widerwillen belegte, und das Werk, welches durch die Beharrlichkeit der Commission zu Stande kam, als einen Gegenstand seines Hasses behandelte, weil er genöthigt war, es als den Gegenstand seiner Demüthigung anzusehen. Nicht ohne Grund besorgten wir, dass er, in der Commission besiegt suchen würde, unmittelbar und persönlich bey Ew. Majestät gegen den Plan feindselig aufzutreten. Zwar wurde diese Besorgniss für den entscheidenden Augenblick, wo der Plan der Allerhöchsten Genehmigung unterlegt wurde, durch den glücklichen Umstand gehoben, dass Allerhöchstdieselben, ohne einer missgestimmten Dazwischenkunft Raum zu gestatten, nach Allerhöchsteigener Erwägung des Planes und der ihn begleitenden Motive über denselben kurz nach seiner Eingabe zu entscheiden geruhten. Indess hat der Erfolg gezeigt, dass er, eben so beharrlich wie gewandt, seinen Widerstand nur in andere Form gekleidet hat, der unvermögend, aus der freyen und gründlichen Erörterung der Commission auch nur Trümmer seines Planes, so fern er ihm gehörte, zu retten und durch die rasche Entscheidung Ew. Majestät ausser Stand gesetzt, geraden Wegen gegen die neue Schulordnung zu verfahren, hat er sich durch Mißstimmung und getäuschte Hoffnungen einzelner Personen und ganzer Classen verstärkt, die Schwierigkeiten gehäuft, die Maasregeln gehemmt und sich so bis zu dem oben bezeichneten Ansinnen an das Ministerium des Innern hervorgewagt.

Schon beginnen die Folgen dieser gehässigen und das Wohl der Schulen wie die Würde der Regierung gleichbedrohenden Machinationen hervorzubrechen, die Gerüchte von Suspension, von Revision, von Aufhebung des Schulplans erneuern sich unter tausend Gestalten, die Massregeln der Gemeinden, der Regierungen sind gelähmt, die Hoffnung des Lehrstandes und der Freunde wahrer und gründlicher Bildung gebeugt, alle Grundlagen der öffentlichen Erziehung bis auf die Frage der Nothwendigkeit oder Nützlichkeit des Studiums der alten Sprachen aufgegraben und erschüttert. Die Entscheidung über Besetzung und Eröffnung der Anstalten bleibt aus, das Schuljahr hat begonnen und die Schulen nicht, ohne dass Eltern und Schüler wissen, woran sie sind, und Bayern steht in Gefahr, das klägliche Schauspiel der letzten Jahre einer kaum geschlossenen Regierung in den Tagen Ew. Majestät erneut und eine höchstwichtige das Wohl der ganzen künftigen Generation umfassenden Reform in dem Augenblicke blosgestellt und zerrüttet zu sehen, wo sie in den Bestand der Schulen einzudringen kaum begonnen hatte.

Umsonst werden die Forderungen des Gewerbestandes zum Vorwande genommen, da der Plan nach § 1 nur die gelehrten Schulen umfasst, denen das Studium der alten Sprachen zum Grunde liegen muss. Dem Gewerbestande hatten Ew. Majestät in allen Kreishauptstädten die polytechnischen Anstalten bestimmt, und wir stossen auch hier auf eine unsichtabre Macht, welche zum grossen Nachtheil der andern diese nützlichen Anstalten zurückhält oder verwirrt. Zwar sind die lateinischen Schulen zugleich dem künftigen Bürger geöffnet, aber nur demjenigen, welcher die Art formeller Bildung sucht, die sie gewähren können; wer diese nicht begehrt, dem ist nach wie vor unbenommen, die deutschen Schulen zu besuchen, die eben deshalb den lateinischen parallel gestellt sind. Ein Zwang, eine Nöthigung ist nirgend geboten, und sollten einzelne Gemeinden sich weigern, den Forderungen des Planes zu entsprechen, so bleiben sie eben der ihnen zugedachten Anstalten verlustig, ohne dass ihnen durch den Plan gewehrt wird, ihre Mittel zur Errichtung polytechnischer Anstalten zu verwenden. Findet sich ferner, dass Gemeinden neben diesem formellen Unterricht in der lateinischen Schule für den künftigen Bürger einen umfassenden Realunterricht in Naturgeschichte, Physik, practischer Geometrie und Zeichnen begehren, so hat der Plan die Berücksichtigung auch dieser Wünsche, wo die Mittel reichen, dadurch eingeleitet, dass er diese Classe von Schülern vom Griechischen freyspricht und ihnen dadurch sechs Semester hindurch jede Woche sechs Stunden für diesen und ähnlichen Unterricht offen lässt. Wir bitten Ew. Majestät beachten zu wollen, dass gerade der Cabinetssekretär Grandauer in der Commission jener Befreyung der künftigen Bürger vom Griechischen entgegen war, und dass Er vor allen die Maasregel, jene dadurch freygewordenen Stunden dem Realunterricht zu widmen, damals zurückstoess, als einer der Treugehorsamstunterzeichneten sie zur Aufnahme in den Plan vorschug. Da beydes von ihm geschah, nachdem sein eigener Schulplan schon als unausführbar erschienen und sein Unwillen entschieden war, so ist uns wol die Vermuthung gestattet, dass er den künnftigen Bürger in der lateinischen Schule zum Griechischen nur deshalb nöthigen, und den diesen Anstalten zugedachten Realunterricht nur deshalb ihnen versagen wollte, um die ihm selbst verhassten Anstalten dem Bürgerstande gehässig und diesen zu einem künftigen Bundesgenossen seiner Machinationen zu machen.

Der Plan ist nicht unausführbar, im Gegentheil er wäre schon in vollem Gange ohne jene Hemmungen, die wir beklagen. Selbst ärmere Gemeinden haben das Ihrige zusammengeschossen, um die ihnen zugedachte Wohlthat der neuzugründenden Schulen zu erlangen. Seine Ausführung führt keine Erhöhung der Steuer herbey, und nachdem Ew. Majestät die übrigen üppigwuchernden Zweige des öffentlichen Dienstes weise beschränkten, bedarf es nur eines geringen Theiles jener Ab- und Hreimfälle, um ein altes schweres Unrecht heilloser Geringachtung des Lehrstandes aus einer in dieser Hinsicht fast barbarischen Zeit zu sühnen, und durch Zufriedenstellung des armen gebeugten Gymnasiallehrstandes den neuen Anstalten nach drey Jahrhunderten arger Verkomniss endlich einmal ihre einzig denkbare Grundlage zu sichern.

Doch vergeblich würden wir weiter darauf eingehen, den Angriffen des schlimmsten Willens und des ärgsten Truges auf den neuen Lehrplan im Einzelnen zu begegnen, da wir nicht wissen, welche derselben auf das Gemüth Ew. Majestät Eindruck gemacht haben. Auch ist namentlich das Manifest, welches die Würzburger in ihrem »Volksblatt« dagegen gemacht haben, von uns im Inlande schon früher ausführlich und in seinen Haupttheilen als das Werk der ärgsten Unwissenheit und Verblendung auf eine Weise dargestellt worden, dass darüber jedes weitere Wort überflüssig seyn würde. Eben so überflüssig halten wir es, der im entgegengesetzten Sinne öffentlich erschienenen Urtheile des Weiteren zu gedennken, in denen man den Absichten und Vorkehrungen des Planes volle Gerechtigkeit widerfahren lässt, da hier die Natur der Sache und das Bedürfniss der Schulen wie des Staates lauter und entscheidender spricht als jede Empfehlung des Einzelnen; doch bitten wir Ew. Königliche Majestät, noch folgende allgemeine Erwägung Allergnädigst zu genehmigen.

Die Verfassung von Bayern, oder vielmehr unser schlechtes Wahlgesetz gewährt mehreren Erlassen von Staatsbürgern an der gesetzgebenden Gewalt eine Theilnahme, welche sonst nur der Bildung und Einsicht gestattet würde. Wohin wir durch diese Zulassung gerathen, ist offenbar. Die Verhandlungen der zweyten Kammer, sind, was auch die Verdienste der Einzelnen seyn mögen, durch die offenkundigen Mängel in Grund und Form schon längst ein öffentliches Aergerniss der Verständigen geworden; und mehr noch durch Unwissenheit und geistiges Unvermögen als durch schlechten Willen dieser Versammlungen geht Bayern in seinen öffentlichen Angelegenheiten einer gänzlichen Rathlosigkeit entgegen. Woher kommt diese trostlose Erscheinung bey uns? Hier kann durch keinen Unterricht in irgend einem Gegenstande der Polytechnik geholfen werden, sondern nur durch eine feste, die geistige Kraft entwickelnde und schärfende Grundbildung, wie sie das gewerbreiche, zugestandener Massen auch in Kunstfleiss und Technik höhere Intelligenz entwickelnde Würtemberg besitzt, und der neue Schulplan sie in der lateinischen Schule für Bayern beabsichtigt. Es ist eines der entscheidensten Zeichen des Geistes, von welchem jener Widerspruch ausgeht, dass diejenigen, welche und in die allem Positiven und Historischbegründeten feindseligste Verflachung moderner Schulweisheit hinein reissen möchten, eben jener formellen Bildung und Tüchtigkeit am meisten entbehren, der sie am entschiedensten wiederstreben, und selbst unfähig, etwas Grosses oder nur Haltbares zu erzeugen und aufzustellen, Anstalten sammt ihren Vorkehrungen der Sterilität und Nutzlosigkeit anklagen, die sich als die Grundlage jeder geistigen Tüchtigkeit in Zeiten erwiesen haben, wo diese geist- und werthlosen Schwätzer noch kein Gehör fanden, und welche sich noch fortdauernd denjennigen Staaten heilsam erweisen, die über die Rathschläge moderner Flachheit hinaus die bewährten Grundsätze der Erziehung gegen das Geschwätz des Tages zu schirmen wissen.

Nach diesen Erörterungen bedarf es von unserer Seite gegenüber Ew. Königlichen Majestät keiner besonderen Versicherung, dass wir aus freyem Antriebe und ohne andere äussere Veranlassung allein von Pflicht und Gewissen bewogen unsere treugehorsamste Vorstellung Dero Handen dahin übergeben, dass Allerhöchstdieselben das Gewebe, mit welchem Hass, Betrug und Täuschung, im Bunde mit Unwissenheit und Verkehrtheit, die neue Schulordnung umgeben haben, durch ein königliches Wort lösen und nicht gestatten mögen, dass zwischen ein wohlgesinntes und wohlunterrichtetes Ministerium und Allerhöchstdero landesväterlichen und erhabenen Gesinnung für das Wohl der sämmtlichen Unterrichtsanstalten sich verwirrend und hemmend ein Bestreben stelle, welches stark genug ist, alle Früchte der besonnensten Berathung und der bewährtesten Erfahrung zu zerstören, alles Gute, welches die zum Schutz und zu Vertretung der öffentllichen Interessen eingesetzte Behörde Ew. Majestät in Antrag bringen und Allerhöchstdero Weisheit und Grossmuth dem Lande gewähren würde, zu vereiteln, und unsere Schulen in eine Rathlosigkeit und Verwirrung zu versetzen, aus welcher wir keinen Ausgang sehen, und vor welcher sie, wie nun die Sachen stehen, allein durch den königlichen Beschluss können gerettet werden, dass der neue Schulplan seine ganze und volle Einführung finden solle, vorbehaltlich der Anstalten, duch welche dem Bedürfniss eines umfassenderen Realunterrichts für den künftigen Bürger unbeschadet den Anordnungen des neuen Planes genügt werden könne.

Indem wir Ew. Majestät diese ebenso dringliche als wichtige Angelegenheit des gesammten Vaterlandes an Ihr Königliches und landesväterliches Herz legen, verharren wir in allertiefster Verehrung
Euer Königlichen Majestät
allerunterthänigste treugehorsamste
Diener

Friedrich Thiersch Schelling.

Einer der unterzeichneten hat eben in diesen Tagen die an Eure K˖[önigliche] Majestät gerichtete Stelle Joh. von Müller’s, die er nie ohne Rührung lesen konnte, wieder gelesen:

»Dass E˖[ure] H˖[oheit] Latein lernen, ist vortrefflich. Es ist in jener Welt etwas Freyes und Hohes, das uns fehlt – – ich bin überzeugt, dass die Britten die besten Züge ihres Charakters, die practische Weisheit, den Gemeinsinn, die Kraft grossentheils ihrer ganz classischen« Erziehung zu danken haben, welche uns bisher fast ganz fehlt. Auch Friedrich, der weder lateinisch noch griechisch wusste, fühlte sich zu den Alten hingezogen; sie las er immer, bis in seinen Tod. Man bekommt eine ganz andre Ansicht der Dinge dieser Welt; nichts ist erfrischender; ich fühle es oft, meine Seele lebt davon.

Und diese ganz andre Ansicht der Dinge dieser Welt, die Seine Eigne ist, sollte König Ludwig Seinem Volke vorenthalten, sie nicht in vollem Mass ihm zuwenden wollen, jetzt wo die Verfassung eine in grossem Sinn geleitete politische Erziehung einer größeren Zahl zum dringendsten Bedürfniss macht? Einer Partey nachgeben, die gern alle geschichtliche Überlieferung aufheben möchte und über ihre eignen Nützlichkeitsforderungen nicht einmal im Klaren ist? Für die Rhein-Bayern hätten die von ihnen für sich verlangten Einrichtungen nur die Folge, dass bey gehöriger Prüfung ihre Söhne von den Universitäten zurückgewiesen würden, wenn man diese nicht folgerechter Weise ebenfalls zu bloss practischen Anstalten herabsetzte. Sie äussern es nicht, aber wenn sie ihre Meynung heraussagten, würden sie die Universitäten ebenso wohl wegwünschen. Von dem Real-Unterricht, den sie beabsichten, besonders in diesem Alter, stellen sie sich Wirkungen vor, die nie zu erwarten seyn würden, ihre Begriffe darüber sind ebenso mangelhaft und unklar, als über das Latein; um auf Gewerbe und Kunstbetrieb durch Belehrung und Unterricht in Schulen einzuwirken sind ganz andre Vorkehrungen nöthig; das wenigstens hätten sie von den Franzosen lernen sollen. B˖[ürger]M˖[eister] Behr, den Schreiber dieses seit 25 Jahren kennt, hat manche schätzbare Eigenschaften; aber ihm selbst fehlt die Kenntniss der alten Sprachen, diese erste Grundlage aller gelehrten Bildung, ebensosehr als jede Kenntniss der Mathematik, der Physik, der Chemie, der Technologie u.s.w. Gäbe man ihm in Ansehung des Lateins nach, er würde bald den Vortrag und die gelehrte Auslegung des römischen Rechts auf den Universitäten ebenso unnütz finden und dann folgerichtig verlangen, dass man ihm auch darinn nachgebe. Denn diese Herrn meynen, die Welt habe mit ihnen angefangen, und von der ganzen Vergangenheit sey ausser was zum gemeinsten Hausbedarf nöthig, nichts eigentlich wissenswürdig.

Der König Ludwig, der nur darum so tief Gegenwart und Zukunft erfasst, weil ihm die Vergangenheit ihre Bücher aufgeschlagen, sollte einer solchen Partey verstatten, in die Schulen einzubrechen, die Geister und Heröen des Alterthums aus ihnen zu vertreiben? Er, der »denkraftvollen Schwung seiner grossen Seele« an den Alten entwickelt, dessen Jugend in den Jahrhunderten der Grösse einheimisch, einst mit Männern, wie Joh. von Müller geistig-innig gelebt, von diesen mit bewundernder Liebe erkannt worden, sollte Menschen, deren Kenntnisse und Begriffe von gestern, deren Stolz ihre Unwissenheit, deren Maßstab das vor den Füssen Liegende ist, Einfluss auf die wesentlichste, unmittelbar das geistige Leben seines Volks entscheidende Angelegenheit verstatten? Nimmermehr, gewiss nimmer mehr! Die Geister Seiner Jugend würden weinen, wenn die Hoffnung, Bayern aus dem Schlamm erhoben zu sehen, in den es erst jahrhundertelanger Geistesdruck und Verfinsterung, dann eine flache, ohne wahre Einsicht geleitete Aufklärung gestürzt haben, deren Nachklänge wir eben jetzt aus Rheinbayern und Würzburg vernehmen – wenn diese seit 20 Jahren einzig auf Ihn gesetzte Hoffnung vereitelt werden sollte.

Doch der hohe Scharfsinn des Königs, der sich in so mancher Entscheidung schon bewährt, wird auch hier das Wahre erkennen, und alle Nebel, die man um Ihn erregt, siegreich mit seinem Sonnenblick durchdringen.

Sch.