Erlangen am .
Ew Hochwohlgeborn
werden die Beilage dieses Briefs mit Verwunderung in die Hand genommen haben. In der That bin ich auch in der größten Verlegenheit, wie ich die Zusendung einer Schrift entschuldigen soll, welche für Sie nicht das mindeste Interesse hat, und die ich auch bloß dazu sende, daß Sie dieselbe bey der Eröffnung des Pakets in die Hand nehmen, und dann für immer weglegen. Denn, aufrichtig gesagt, wenn ich erwarten könnte, daß Sie darin lesen würden, so hätte ich sie nicht gesendet. Erlassen Sie mir, ich bitte Sie darum, die Rechtfertigung dieser Zusendung.
Es fehlt hier an einer Correspondenz nach München, durch welche wir die speciellen Nachrichten über Sie und Ihre Familie einziehen könnten, die wir wünschen. Wir erfahren allerdings manches, aber nicht genug, vielleicht weil wir zuweilen mehr zu hören wünschten, als überhaupt von Andern gegeben werden kann oder soll. Neulich sagte mir Kopp, Sie hätten früher geäußert, daß Sie in München auch Politik lesen würden. Dieß war mir sehr wichtig. Die Jurisprudenz hat Ihren Untersuchungen schon viel zu danken, wie es ihre ganze heutige Richtung bezeugt, und wie es die Zukunft noch klarer sehen wird, als die Gegenwart; aber wenn dieß nun schon der Fall ist, da Sie die Gegenstände derselben bisher nicht unmittelbar behandelten, was dürfen wir uns erst versprechen, wenn Sie aus Ihren Höhen sich wirklich auf sie herablassen wollen. Ich darf wohl sagen, Sie würden in den Besseren der jetzigen Juristen, und deren sind doch nicht wenige, einen guten, zum Empfang Ihres Samens geeigneten Boden finden. Von auswärtigen Freunden werde ich gefragt, wann denn nun einmal nach den Hörern Ihres Worts auch die Leser desselben das ihrige erhalten werden. Aber bin ich denn nicht leider auch in die Classe der letzteren verwiesen, und wen soll ich denn fragen?
Wenn die juristische Facultat in München Göschen erhalten soll, wie es jetzt mit Bestimmtheit heißt, so muß man ihr Glück wünschen. Er hat zwar in Göttingen keinen großen Beifall als Lehrer, aber sicherlich ist nicht er, sondern Göttingen, und der Geist der dortigen Studenten daran schuld. Ich und andere Freunde Savigny’s hofften oder wünschten noch immer, diesen dort zu sehen. Wir waren überzeugt, in Ihrer Nähe würde er wieder aufleben; in Berlin scheint er ganz abzusterben.
Hier werden der juristischen Studenten immer weniger, dagegen sucht sich die hiesige juristische Facultät mit Wendt an der Spitze eine andere Thätigkeit, und vervollständigt sich durch Creirung von Doctoren der Rechte. Wenn Sie nicht selbst hier gewohnt hätten so würden Sie es nicht glauben, daß jene Facultät vor einigen Tagen, Harl und Mehmel honoris causa zu D.D. juris gemacht hat, wie auch die theologische Facultät auf Kaiser’s Antrag einige Tage früher den Gymn˖[asial]rector Schäfer in Ansbach zum Dr. der Theologie! In der That, jetzt preise ich mich glücklich, und rechne mir's zur Ehre, nur prof. extraord˖[inarius] an einer solchen Facultät zu seyn. Ich betrachte es als eine Prüfung, daß ich hier bleiben soll, während ich mir noch dazu die meisten meiner Collegen abgeneigt gemacht habe. So sollte ich neulich die sehr nahe Hoffnung haben, nach Jena zu kommen; durch eine eigene Verkettung von Umständen, selbst von an sich günstigen, wurde es vereitelt. Alles dieses ungeachtet lebe ich aber ganz zufrieden für mich.
Empfehlen Sie mich, wenn ich bitten darf, Ihrer verehrten Frau Gemahlinn. Seit das Wetter gestattet, auf dem Welsgarten ins Freie zu gehen, kommt mir Ihre Familie so oft vor den Sinn. Wenn ich den Hügel hinauf steige, so denke ich immer es müßte mir das rothe Klaidchen des kleinen Herrmann durch die Blätter scheinen, und oft bin ich wie erstaunt, wenn ich den gewöhnlichen Platz, auf dem ich Sie und die Ihrigen so oft sah, so leer sehe.
Mit den herzlichsten Wünschen für Ihr Wohlergehen
Ew Hochwohlgeborn
gehorsamster
Gg Fr Puchta