Seiner
Hochwohlgebohren
Herrn Geheimen Hofrath
von Schelling, Ritter des
Civilverdienstordens, Generalcon-
servator ppp
Erlangen den
Hochwohlgebohrner Herr
Geheimer Hofrath,
Hochverehrtester Freund.
Wenn Sie nur den sechsten Theil der Briefe erhielten, die ich theils im Kopfe mit mir herumtrage, theils anfange: so würden Sie die Erlaubniß, Ihnen zu schreiben, gewiß widerrufen. Ich halte es wirklich für unrecht, Ihnen auch nur so viel Zeit zu rauben, als Sie zum Durchlesen meines Briefes brauchen; zumal ich weiß, wie sehr Sie in M˖[ünchen] auf so vielfache Weise im Anspruch genommen sind. Eben dieses, wie sehr es mich freue, kann ich gar nicht aussprechen; Ihnen aber doch im Namen meines Vaterlandes und um des Vaterlandes willen dafür danken; dazu treibt mich die Freude über den Erfolg, den Ihr Wiederauftreten in M˖[ünchen] schon gehabt hat. Es läßt sich hoffen, daß Ihnen M˖[ünchen] immer besser gefallen und Ihrer Gesundheit zusagen werde. Wir Auswärtige haben freylich nichts, als recht sehnlich zu wünschen, daß Sie uns nicht zu lange mehr auf die Mittheilung und den Mitgenuß Ihrer Forschungen möchten warten lassen. Zu denen, die nach den Aufschlüssen, die Ihre Philosophie über die Religion geben wird, sich von ganzem Herzen sehnen, gehört auch der Uberbringer dieses Briefes, sammt Ihrem Perspectiv und Lina’s Schachtel. Herr von Kropf, bisher Revierförster in Waldmünchen, der nachdem er seine Frau und sein jüngstes Kind verloren, den Entschluß gefaßt hat, Theologie zu studiren, um Geistlicher zu werden, wenigstens um mit sich selber ins Reine zu kommen. Ich fürchte nur, die Theologen in M˖[ünchen] werden ihn nicht gerne in ihren Reihen sehn, und seinem Vorhaben eben so wenig förderlich seyn, als es seine Verwandten sind.
Ich hoffe und wünsche, daß Sie mit Ihrer Familie, die ich und Lottchen freylich grüßen, sich so wohl, und noch besser in M˖[ünchen] befinden mögen, als wir hier; und empfehle mich Ihrem ferneren Wohlwollen.
Von ganzem Herzen mit Liebe und Hochachtung.
Ihr
ergebenster Verehrer
J. Kopp