Frankfurt, den .
Sie sind gesund, glücklicher Gatte und Vater, und haben Ihre Freunde und Verehrer, zu denen ich auch mich rechnen darf, nicht vergeßen – das ist es, was mir Reisende zuweilen von Ihnen, mein verehrter Freund, sagten, und ich freute mich darüber und war zufrieden, obwohl mir die Weltalter doch gar zu lang unter der Preße bleiben.
Betty Gleim, die weder mit den gewöhnlichen Weibern, noch mit den gewöhnlichen Erzieherinnen, verwechselt werden darf, wünscht sehr Ihnen vorgestellt zu werden und bittet mich, sie bei Ihnen einzuführen.
Ich thue es gern, da sie durch ernstes Streben und Reinheit des (fast männlichen) Karakters Ihrer Aufmunterung nicht unwerth ist.
Wollen Sie Sich von meiner Stellung und meiner Würdigung derselben einen Begriff machen, so wenden Sie die Stellung Jener, welche das Sieb mit Waßer zu füllen berufen waren, nur geradezu auf mich an.
Wenn nicht aus gar zu viel §§ der Baierschen Verfassung ein, von der bloßen Vorsicht eingepudertes, Gesicht herausschaute, wäre sie freilich beßer geworden: allein mich tröstet, daß das Volk, das einer Verfaßung werth ist, aus einer schlechten der Art leicht eine gute machen kann, während ein Volk, das gar keiner werth ist, aus der besten eine schlechteste werden läßt.
Empfehlen Sie mich in das Andenken Ihrer Gattin, in deren väterlichem Hause ich jung war, und bleiben Sie der Freund des
Ihrigen
Wangenheim