Verehrtester Gönner,
Da ich im in Erlangen hörte, dass der König die von andrer Hand entworfenen neuen Ordnungen der Universitäten Ihrem und Thierschs Urtheile untergestellt habe, ist mir dieses nicht allein an sich höchst erfreulich gewesen, sondern auch die beste Hoffnung für unsre Angelegenheiten daraus erwachsen. Denn ich zweifle jetzt nicht, dass der einmal begangene Fehler, Unberufenen die Abfassung neuer Schulordnungen zu übertragen (welchen Fehler man auch bey gegebener Gelegenheit nicht ändern wird, weil Regierungen die Konsequenz für die einzige politische Tugend zu halten pflegen), auf dieselbe Weise möglichst gut gemacht werden werde. In dieser Hoffnung habe ichs gewagt, einige besonders lebhafte Wünsche aufzuzeichnen, und Ihnen zuzusenden, nicht als ob ich mir herausnehmen dürfte, in wichtigen Angelegenheiten Ihnen rathen zu wollen, sondern im Vertrauen auf Ihre mir unschätzbare Gunst, und weil mein amtlicher Beruf eine stete und ins Einzelne gehende Beobachtung der eigentlichen und letzten Wirkungen des Schulregiments mit sich bringt. Denn ich habe oft bey mir gewünscht, denjenigen Grad von παῤῥησια mir zugestanden zu sehen, welcher Schneidern, Köchen, Stallknechten zukommt: welche mit andern infimi generis ohne Verletzung des Respekts sagen können, dieses, jenes verstehen wohl sie, nicht aber der Herr Minister, der Herr Bürgermeister, der Herr Magistratsrath, während Schulmännern nur von wirklich gebildeten Menschen gestattet wird, etwas als ihr besondres Handwerk zu verstehen, und das zu sagen. Ich habe mich über des Königs Entschluss, die Kreisschulräthe abzuthun, deswegen gefreut, weil ich dachte, es können hinfort die Referenten unsrer Sachen mit allen Ehren bekennen, dass sie nichts davon verstehen. Aber diese neue Ordnung ist nur halb, und in der Abfassung der noch ungebornen neuen Schulverordnungen gar nicht ausgeführt worden, und wird auch alle gewöhnlichen Früchte einer halben Maaßregel tragen.
Mein trauriges Augenübel hat mich genöthigt, die Beylage, welche ich Ihnen zu überreichen mir erlaube, zu diktiren, statt sie, wie es sich wohl ziemte, selbst zu schreiben. Dasselbe mahnt mich, mit gegenwärtigem Schreiben abzubrechen, welchem ich nur noch meine innigsten Wünsche für Ihr dauerndes Wohlseyn und die Erhaltung Ihrer Kräfte für Ihre so wichtige und segensreiche Wirksamkeit anfüge, samt der Bitte, mich Ihrer verehrtesten Frau Gemahlin und Ihrem Wohlwollen ferner bestens empfohlen seyn zu lassen.
C.L. Roth, Rektor.