Schelling

Schelling Nachlass-Edition


An

Schelling.

Von Schleusingen aus wirst Du wohl einige Zeilen erhalten haben, mein liebster Freund! die Dich wenigstens über unsre glückliche Ankunft beruhigt haben, mehr kann ich Dir auch heute nicht sagen: ich bin noch matt von der Anstrengung der Reise, eine bleierne Schwere hängt sich an jedem Federzug, so sehr auch meine Freuden, Hoffnungen und Wünsche dem lieben Freunde zufliegen. Die Stöße des Wagens, die Bewegungen des Herzens haben mir beyde zu gesetzt um für den Augenblick ganz frisch zu seyn, doch sollst Du mich sicher so finden. Mit einem gemischten Gefühl habe ich die Heymath wieder begrüßt; ich fühlte, daß sich mein Inneres schon von ihr losgerissen hatte, nur mein Auge ruhte noch mechanisch auf der mir sonst so lieben Gegend, ich empfand auf das Lebhafteste die Kraft, die Gewalt in meinen Innern, die jedes Band, jedes Verhältniß zerreißt, das Neigung und Gewohnheit seit meinem Daseyn knüpften, um auf ewig dem Manne zu folgen, dem sich meine ganze Seele hingiebt, ja liebster Schelling, mit unverbrüchlicher Liebe gehöre ich Dir, ich lebe nur in dem Gedanken: Gott hat Dich mir gegeben und Gott wird mir ja auch Kraft geben Dich glücklich zu machen. O es ist Wonne des Himmels in einer schönen Gegend, in der lieblichsten Jahreszeit sich zum ersten mal bewußt zu werden, daß man nicht allein steht, daß es noch ein Wesen giebt, mit dem man auf das Unauflöslichste verbunden ist. Die schönen, schönen Tage! Komm bald, Geliebter! daß sie uns wieder werden.

Hier wundert man sich eine so ruhige Braut an mir zu finden; aber ich wüßte nicht, wie ich anders seyn könnte, es ist nichts, was in meinem Innern streitet, es ist alles Harmonie, und es ist nicht möglich ein grenzenloseres Vertrauen zu haben.

Lebe wohl Geliebter, bald genieße ich die Seligkeit wieder mit Dir zu seyn.

P.