Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Sr. Wohlgebohrn

Herrn D. J.G. Cotta

in

Stuttgart

Ihr heute erhaltnes bringt mir die leidige Gewißheit, daß der unerhörte Verstoß durch alle Ex˖[emplare] hindurchgeht. Ich ergebe mich nun in Geduld und wünsche nur daß bey dem neuen Abdruck nicht abermals etwas übereilt werde. Conzens Nachläßigkeit – oder gar wohl oft Unwissenheit? – scheint auch mir für einen Gelehrten und Prof˖[essor] der griechischen Sprache schimpflich. Es thut weh, grade eine Arbeit, die auf Gelehrsamkeit Anspruch macht, so verunstaltet zu sehen. Wir wollen hoffen oder doch wünschen, daß bald eine neue Auflage möglich sey, damit es in reinerer Gestalt wieder auflebe. Die Eile hat allerdings viel Schuld, doch erlauben Sie mir zu bemerken, daß ich an dieser keine Schuld habe. Es ist der Fehler Ihres Commis in Stuttg˖[art] der nicht die Besonnenheit hatte, die Abh˖[andlung] auch in Ihrer Abwesenheit gleich in den Druck zu geben. Dadurch gingen 3 Wochen verloren, so lange lag das M[anu]s[crip]t˖ ungenüzt in Stuttg˖[art], denn wie ich aus dem Postschein ersehe, ging es von hier am ab. Überhaupt hatte ich nie gemeynt, daß so ganz auf Kosten der Correctheit geeilt werden solle und würde nun gemach 4 Wochen warten, wenn ich dafür die Freude hätte, ein reines, fehlerfreyes Ex˖[emplar] vor mir zu sehen.

Doch genug von diesem Odiosum! Ihnen und allen die in diesen Tagen das große für ganz Deutschland wichtige, vielleicht entscheidende Werk beginnen, rufen alle Gutgesinnte aller Orten Glück und Heil zu. Möge der Segen des Himmels Ihre Bemühungen begleiten und zum rechten Ziel bringen!

Herzliche Empf[ehlung] und Hochachtung

Schelling.